Beschreibung
Unesma, Leipzig, 1922, 117 Seiten mit 106 Figuren. Gebunden Halbleinen.
Rarität ersten Ranges vom Nobelpreisträger für Chemie (1909) Wilhelm Ostwald (1853-1932) "Mitten in angestrengter Arbeit für die Entwicklung der Farbenlehre sah ich mich genötigt, das neue Gebiet der Formenlehre zu betreten und in Grundlagen zu bearbeiten, weil das vertiefte Studium der Farbharmonik mit Notwendigkeit Klarheit über diese Fragen forderte. Literarische Forschungen ... ergaben keinerlei erhebliche Ausbeute. So musste ich mit Erstaunen feststellen, dass trotzdem die Grundlage einer wissenschaftlichen Formharmonik, nämlich die Geometrie, der Menschheit seit einigen Jahrtausenden zur Verfügung steht, dennoch das bisher Geleistete nach Wert und Umfang nicht mehr beträgt als das, was in der Farbharmonik zur Entdeckung der Farbmessung bestand, die bekanntlich erst der neuesten Zeit angehört. Es wirft ein sehr deutliches Licht auf die Unfruchtbarkeit dessen, was man bisher Kunstwissenschaft genannt hat. Sie ist vorwiegend eine Papierwissenschaft, eine Scholastik in typischer Ausprägung. Damit erklärt sich auch die besinnungslose Wut, mit der sich deren Vertreter mit wenigen Ausnahmen gegen die wissenschaftliche Farbharmonik gewendet haben, und die mich, als ich sie im Herbst 1919 zuerst erlebte, in ein großes Erstaunen setzte. Ich hatte in aller Harmlosigkeit gemeint, man würde gern, ja vielleicht sogar mit Dank die Möglichkeit begrüßen, aus dem gänzlich unbefriedigenden Zustande, in dem sich die Farbenlehre bis dahin befunden hatte, an Hand wissenschaftlicher Führung zu einer genauen und klaren Erfassung der Farbharmonik zu gelangen. Statt dessen erlebte ich jedes Mal bei der leisesten Berührung dieses Gebietes einen wahren Suppenkasperchor: Ich esse diese Suppe nicht, nein, diese Suppe eß' ich nicht! An Prüfung wurde nicht gedacht, sondern nur an Widerspruch. Über Dinge, von denen vor einer Stunde die Betreffenden noch keine Ahnung hatten, war alsbald ihr »Urteil« fertig, nachdem sie die Gefahr erkannt hatten, dass wissenschaftliche Klarheit in den dicken Nebel drang, in dem sie zu leben und ihre Hörer und Leser zu erhalten gewohnt waren. In München konnte ich gelegentlich des dortigen Farbentags Anfang 1921 in öffentlicher Versammlung einem führenden Kunstwissenschaftler das Zugeständnis entlocken, daß er nie eine von den Harmonien gesehen hatte, gegen die er soeben mit dem Brustton der Überzeugung eine schwungvolle Rede gedonnert hatte. Und wo von solcher Seite eine sachliche Kritik versucht wurde, offenbarte sich alsbald die kläglichste Unwissenheit. Ich erwähne diese Dinge, weil ich ganz dieselben Gegenwirkungen bei diesem Buch erwarte: Totschweigen, solange es geht, unbedingter Kampf, wenn das nicht mehr hilft. Denn es handelt sich wieder um das Eindringen der klaren Wissenschaft in ein bisher vernebeltes Gebiet und um eine neue Anwendung desselben ästhetischen Hauptsatzes, welcher der Farbharmonik zugrunde liegt und sich durch die Gleichung darstellen lässt: Gesetzlichkeit = Harmonie. Auch in der Welt der Formen kann man die grundsätzliche Frage stellen und beantworten: welches sind die einfachsten gesetzlichen Formen? Und man kann durch den psychologischen Versuch feststellen, dass diesen auch der erste und allgemeinste schönheitliche Wert zukommt ..." (aus Ostwalds Vorwort) - Allgemeines über den Raum und das Hauptgesetz der Raumharmonik - Der Raum ‒ Die drei Arten des Raumes ‒ Teilung des Raumes ‒ Die Gleichartigkeit des Raumes ‒ Geometrische und zeichnerische Linien und Punkte ‒ Der Hauptsatz der Raumharmonik - Linien - Arten der Linien ‒ Stärke der Linien ‒ Rand oder Kontur ‒ Mannigfaltigkeit ‒ Einzeluntersuchung ‒ Unstetige Linien ‒ Ungleiche Stärke ‒ Bewegte Linien ‒ Schiebung ‒ Reihen und Wellen ‒ Stetigkeit ‒ Richtung ‒ Krümmung ‒ Gesetzlichkeit der Linien ‒ Mathematische Definitionen ‒ Wellen ‒ Anschluß ‒ Sinuswellen ‒ Der Ersatz-Sinus ‒ Spiegelung und Drehung ‒ Schiebung, Drehung und Spiegelung ‒ Die Lehre von der Spiegelung ‒ Anwendung ‒ Die Lehre von der Drehung ‒ Mehrfache Drehung ‒ Anwendung ‒ Wasserwellen ‒ Gebrochene Wellen ‒ Überschneidende Wellen ‒ Freie Enden - Flechten - Begriff ‒ Bare Gerade ‒ Ungleiche Abstände ‒ Das Fechnersche Gesetz ‒ Ungleiche Stärke ‒ Persönliche Bemerkung ‒ Gruppen ‒ Unterbrochene Linien ‒ Bewegte Liniengruppen ‒ Die eigentliche Flechte ‒ Freiere Flechten ‒ Spiegelung ‒ Das Gesetz von der gleichen Dichte ‒ Drehungen ‒ Andere Abwandlungen - Bänder - Begriff ‒ Die freie Form ‒ Reine Formkunst ‒ Die Grundmittel der Formkunst ‒ Schiebung ‒ Die Seitlichkeit der Bänder ‒ Mehrere Abstände ‒ Veränderliche Schiebung ‒ Lose und zusammenhängende Formen ‒ Anschluß ‒ Drehung ‒ Eigenschaften der Drehung ‒ Spiegelung ‒ Veränderliche ‒ Spiegelgleichheit ‒ Schiebung und Drehung ‒ Ungleiche Schiebung und Drehung ‒ Barspiegel ‒ Drehung und Spiegelung ‒ Winkelspiegel ‒ Spiegelung einer laufenden Drehform ‒ Schiebung, Drehung und Spiegelung ‒ Rand und Mitte ‒ Verbindung mehrerer Formen ‒ Gelockerte Formen ‒ Stufen der Lockerung ‒ Beibehaltung des Rahmens ‒ Gleichabständige Punkte ‒ Gleichabständige freie Gebiete ‒ Gleichförmige Belegung - Unbegrenzte Flächen - Unbegrenzte und begrenzte Flächen ‒ Ableitung unbegrenzter Flächenmuster aus Bändern ‒ Das Streifenmuster ‒ Das Flechtmuster ‒ Das Bandmuster ‒ Lockere und schlüssige Formen ‒ Netze ‒ Das allgemeinste Netz ‒ Sechseckmasche ‒ Zeichnen ‒ Gesetzlichere Netze ‒ Der goldene Schnitt ‒ Anwendung ‒ Anschluß ‒ Lose Muster ‒ Drehung und Spiegelung ‒ Die schiefeckige Masche ‒ Teilung der Drehlinge ‒ Die rechteckige Masche ‒ Rechteckige Drehlinge ‒ Rechteckige Spiegelinge ‒ Das Rautennetz ‒ Das Quadratnetz ‒ Das Dreiecknetz ‒ Das Sechsecknetz ‒ Geometrische Muster ‒ Mannigfaltigkeiten ‒ Beispiel ‒ Krumme Linie ‒ Verzerrungen ‒ Nicht ebene Flächen ‒ Die zwei Quellen der Kunst ‒ Freiere Formen ‒ Erhaltung der Gesetzmäßigkeit ‒ Das Gesetz des gleichwertigen Ersatzes - Begrenzte Flächen - Allgemeines ‒ Zuwendung unbegrenzter Muster ‒ Bearbeitung der Fläche. Das Mittelstück ‒ Rand und Zwickel ‒ Mittelstück, Rand und Zwickel ‒ Grund und aufgelegter Schmuck ‒ Teilung der Fläche ‒ Einfluß der Schwerkraft ‒ Der Goldene Schnitt - Die Bildkunst. - Freie Flächenordnung ‒ Rückständigkeit der Lichtkunst ‒ Die Malerei ‒ Gesetzlichkeit freier Formen ‒ Gleiche Dichte ‒ Die Mittellinie ‒ Zusammengesetztes Gleichgewicht ‒ Andere spiegelgleiche Formen ‒ Einseitiges Übergewicht - Körperformen. Verweisung auf die Zukunft.
Zustand
guter Zustand, Gebrauchs- und Alterungsspuren: Einband und Seiten vergilbt / gebräunt, aber Seiten sauber und ordentlich - Einband teils leicht verschmutzt - Leinen an den Rückenkapitellen etwas durchgewetzt - Vorsatz mit altem Besitzerstempel