Julius Paul Junghanns (1876-1958), Zugpferd mit Karren

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Julius Paul Junghanns (1876 Wien - 1958 Düsseldorf), Zugpferd mit Karren. Kohlezeichnung auf Papier, 23 x 23 cm (Innenmaß), 49 x 50 cm (Rahmen), unten rechts mit „Jul.[ius] P.[aul] Junghanns“ handsigniert. Im Passepartout hinter Glas gerahmt.

- Leicht nachgedunkelt, sonst in gutem Zustand. In ansprechender aufwendiger Rahmung.


- Die Last des Lebens -


zum Kunstwerk

Ein muskulöser Kaltblüter zieht einen schweren Karren den ansteigenden Feldweg hinauf. Das Pferd wird von einem Mann geführt, der jedoch beinahe im Schatten des Baumes versinkt und dessen Physiognomie uns nahezu gänzlich verborgen bleibt. Der Protagonist des Bildes ist das ins Licht getauchte Pferd. Junghanns hat den Baum mit seinem weit ausladenden Astwerk gerade deswegen ins Bild gesetzt, um einen dunklen Fonds zu erzeugen, durch den der helle Kaltblüter umso mehr hervorheben wird.

Das Zugpferd hat den Kopf leicht gesenkt und den Blick auf den Boden gerichtet, was von seiner beinahe stoischen Entschlossenheit kündet, weiter schweren Schrittes dem quer durchs Bild führenden Weg zu folgen. Ein beständiges, schier unaufhaltsames Voranschreiten, bei dem das Pferd gerade dabei ist, zum nächsten Schritt auszuholen, während die hinten am Fuhrwerk hängende Lampe im Rhythmus der Fortbewegung pendelt und am linken Bildrand eine Art Kilometerstein von der bereits zurückgelegen Wegstrecke zeugt.

Die zarten Einfassungslinien des Bildes verdeutlich, dass Junghanns vorab ein quadratisches Bildfeld angelegt und sich strikt an dieses Format gehalten hat. Ein Quadrat ist ungerichtet, es weist weder eine Bewegungstendenz zur Seite noch in die Höhe auf. Die Bewegung des Pferdefuhrwerks ist im Format gefangengesetzt. Das Ziel, der Quell des Lichtes, auf den das Pferd und der Mensch zuschreiten, wird innerweltlich niemals erreicht werden. Es bleibt einzig das schicksalsergebene mühselige Schreiten auf dem ansteigenden Weg, der zur Allegorie des Lebensweges wird. Das Pferd weist mithin eine allegorische Dimension auf, die den neben ihm laufenden Menschen mitumfasst. Diese allegorische Dimension gründet aber im ganz realen Leben des Lastpferdes, dessen Existenz sich darin erschöpft, ewig ‚voran‘ zu schreiten.

Dass dabei kein diesseitiges von der Mühsal befreiendes Ziel erreicht werden wird, verdeutlicht das Format umso mehr, als auch innerhalb des Bildes keine Wegstrecke zurückgelegt werden kann. Das Pferd füllt mit seinem Karren beinahe die gesamte Bildfläche aus. Dieses Eingesperrt-Sein im Bildformat verleiht dem Pferd im Gegenzug eine immense Größe. Verbunden mit der leichten Untersicht erfährt es eine Monumentalisierung, wird dadurch aber nicht zu einem strahlenden ‚Held der Arbeit‘. Vielmehr veranschaulicht die ‚Übergröße‘ des Pferdes umso eindringlicher die stets geforderte Kraftanstrengung, die nötig ist, um den in seiner schwarzen Tonalität umso schwerer wirkenden Karren beständig auf dem Lebensweg weiter aufwärts zu ziehen.

Julius Paul Junghanns versteht es auf meisterhafte Weise mit dem Kohlestift gleichermaßen die Licht- und Schattenwirkungen wie die Physiologie und auch die Psyche des Pferdes zur Darstellung zu bringen. Damit tritt er in die Fußstapfen seines Mentors Heinrich von Zügel und vermählt die Tier- und Freilichtmalerei miteinander, die er über Jahrzehnte hinweg an der Düsseldorfer Kunstakademie gelehrt hat. Er geht aber auch über seinen Lehrer hinaus, indem er dem Bild zudem eine allegorische Dimension verleiht, die Mensch und Tier miteinander verbindet. Daher ist das Bild weit mehr als eine Skizze oder Studie, es ist ein Kunstwerk im vollendeten Sinne, weshalb es Junghanns auch mit seiner Signatur versehen hat, die - wie auf einem Ölgemälde – innerhalb der Darstellung platziert ist.


zum Künstler

Als Kind sächsischer Eltern in Wien geboren, wuchs Julius Paul Junghanns in Dresden auf und absolviert dort von 1891-1895 eine Lehre als Lithograph. Ab 1894 besuchte er parallel dazu die Dresdner Kunstgewerbeschule und nahm 1896 ein Studium an der Kunstakademie auf. Nach einer kurzen Militärzeit 1899 ging Junghanns nach München, um dort an der Akademie bei Heinrich Zügel sein Studium fortzusetzen und 1904 abzuschließen. Zügel hat Junghanns' Kunst maßgeblich geprägt und beide Künstler blieben zeitlebens freundschaftlich verbunden.

Noch während des Studiums wurde Junghanns 1902 Mitarbeiter der für den Jugendstil namensgebenden Zeitschrift Jugend. Ab 1903 war er Mitglied im Bund Zeichnender Künstler München und ab 1904 gehört er der Münchener Sezession an. Ebenfalls 1904 wird Junghanns mit gerade einmal 28 Jahren auf Empfehlung Heinrich Zügels zum Leiter der Klasse für Tier- und Freilichtmalerei an die Kunstakademie Düsseldorf berufen und dort 1906 zum Professor ernannt. Insgesamt war er dort 40 Jahre als Lehrer tätig. 1905 wurde Junghanns Mitglied im progressiven Wiener Künstlerbund Hagen und von 1907 bis 1931 gehört er auch der Wiener Sezession an. In dieser Zeit entwickelte sich Junghanns zu einem auch international gefragten Künstler, der auf zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland vertreten war.

Nach seiner Soldatenzeit im Ersten Weltkrieg entfaltete Junghanns eine breite künstlerische Tätigkeit, die neben Grafiken und Skulpturen auch Entwürfe für Schmuck und die Gestaltung von Werbung umfasste. Für den Düsseldorfer Kunstverein und den Malkasten schuf er die Jahresgaben.

Von den Nationalsozialisten ließ sich Junghanns als vermeintlicher Blut- und Bodenkünstler vereinnahmen. Allein auf der ersten Großen Deutschen Kunstausstellung 1937 waren sechs seiner Bilder zu sehen. 1941 verlieh man ihm die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft und 1944 wurde Junghanns schließlich in die sogenannte Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda aufgenommen. Der Tod seinen jüngsten Sohnes Rudolf auf dem Schlachtfeld und die Einsicht, von den Nazis als Propagandakünstler missbraucht worden zu sein, stürzten Junghanns 1945 in eine tiefe vier Jahre währende Krise, die er im Marienhospital in Erwitte durchlebte. Von Freuden und Sammlern unterstützt, kehrte er 1949 nach Düsseldorf zurück, richtete sich erneut ein Atelier ein und gehörte der Künstlergruppe 1949 an, die eine Weiterentwicklung der figurativen Kunst anstrebte.

„Junghanns gehört zu den bedeutendsten Tiermalern des 20. Jahrhunderts. […]. In der präzisen Zeichnung sowie der Erfassung des Organischen im korrekten Verhältnis von Tonwerten zueinander liegt das Prinzip seines Schaffens.“

- Gudrun Wessing


Auswahl an Orten öffentlicher Sammlungen, die Werke von Julius Paul Junghanns besitzen:

Berlin, Hagen, München, Düsseldorf, Bonn, Krefeld, Chemnitz, Karlsruhe, Mannheim, Wien, London, Madrid, Antwerpen, Pittsburgh, Chicago, Boston.


Auswahlbibliographie

Thieme-Becker. Allgemeines Lexikon der Bildenden Künste, Band XIX, Leipzig 1926, S. 327.

Saur. Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 78, Berlin 2013, S. 512-513.

Gudrun Wessing: Julius Paul Junghanns. Skizzen und Gemälde aus dem Nachlass. Bielefeld 1995.



ENGLISH VERSION

Julius Paul Junghanns (1876 Vienna - 1958 Düsseldorf), Draft Horse with Cart. Charcoal drawing on paper, 23 x 23 cm (inside measurement), 49 x 50 cm (frame), signed at lower right "Jul.[ius] P.[aul] Junghanns". Framed in passepartout behind glass.

- Slightly darkened, otherwise in good condition. Attractively framed.


- The Burden of Life -


About the artwork

A muscular cold-blooded horse pulls a heavy cart up a rising dirt road. The horse is being led by a man who is almost lost in the shadow of a tree and whose physiognomy is almost completely hidden from us. The protagonist of the painting is the horse, immersed in light. Junghanns placed the tree with its far-reaching branches in the picture precisely to create a dark fund through which the light cold-blooded horse stands out all the more.

The draft horse's head is slightly lowered and its gaze is fixed on the ground, indicating its almost stoic determination to follow the path leading across the picture with a heavy step. A constant, almost unstoppable progress, in which the horse is just about to take the next step, while the lamp hanging on the back of the carriage oscillates in the rhythm of the movement and on the left edge of the picture a kind of kilometer stone testifies to the distance already covered.

The delicate border lines of the picture make it clear that Junghanns created a square picture plane in advance and adhered strictly to this format. A square is undirected, it shows no tendency to move sideways or upward. The movement of the carriage is trapped in the format. The goal, the source of light towards which the horse and the man are going, will never be reached in the inner world. All that remains is the fateful, laborious stride on the ascending path, which becomes an allegory of the path of life. Thus, the horse has an allegorical dimension that encompasses the human being walking beside it. This allegorical dimension, however, is based on the very real life of the horse of burden, whose existence is exhausted in the eternal 'advancing'.

The format makes it all the more clear that no goal can be reached on this side that would free the horse from its toil, since no distance can be covered within the image. The horse and its cart fill almost the entire picture surface. This confinement in the picture format gives the horse an immense size. Combined with the slight view from below, it is monumentalized, but does not become a radiant 'hero of the work'. Rather, the horse's 'oversize' illustrates all the more vividly the constant effort required to pull the cart, which seems all the heavier in its black tonality.

Julius Paul Junghanns was a master at using charcoal to capture the effects of light and shadow as well as the physiology and psyche of the horse. He followed in the footsteps of his mentor, Heinrich von Zügel, and combined animal and landscape painting, which he taught for decades at the Düsseldorf Art Academy. But he also goes beyond his teacher by giving the drawing an allegorical dimension that connects man and animal. The painting is therefore much more than a sketch or study; it is a work of art in the fullest sense of the word, which is why Junghanns also added his signature, which is placed within the picture, as in an oil painting.


About the artist

Born in Vienna to Saxon parents, Julius Paul Junghanns grew up in Dresden, where he trained as a lithographer from 1891 to 1895. In 1894 he began attending the Dresden School of Arts and Crafts, and in 1896 he began studying at the Academy of Arts. After a short stint in the military in 1899, Junghanns went to Munich to continue his studies at the academy under Heinrich Zügel, where he graduated in 1904. Zügel had a significant influence on Junghanns' art, and the two artists remained friends throughout their lives.

In 1902, while still a student, Junghanns became a contributor to the Jugendstil magazine Jugend. From 1903 he was a member of the Bund Zeichnender Künstler München, and in 1904 he joined the Munich Secession. Also in 1904, at the age of just 28, Junghanns became head of the class for animal and landscape painting at the Düsseldorf Art Academy on the recommendation of Heinrich Zügel, and in 1906 he was appointed professor there. He taught there for a total of 40 years. In 1905 Junghanns became a member of the progressive Viennese artists' association Hagen, and from 1907 to 1931 he also belonged to the Vienna Secession. During this time Junghanns developed into an internationally sought-after artist and was represented in numerous international exhibitions.

After his time as a soldier in World War I, Junghanns developed a broad artistic practice that included graphic art and sculpture as well as designs for jewelry and advertising. He created the annual gifts for the Düsseldorf Kunstverein and the Malkasten.

Junghanns was appropriated by the National Socialists as a supposed 'blood and soil' artist. At the First Great German Art Exhibition in 1937 alone, six of his paintings were shown. In 1941 he was awarded the Goethe Medal for Art and Science, and in 1944 Junghanns was placed on the list of "Gottbegnadeten" (blessed by God) by the Reich Ministry for Propaganda.

The death of his youngest son Rudolf on the battlefield and the realization that he had been misused by the Nazis as a propaganda artist plunged Junghanns into a deep crisis in 1945, which he endured for four years in the Marienhospital in Erwitte. Supported by friends and collectors, he returned to Düsseldorf in 1949, reestablished a studio, and became a member of the 1949 Artists' Group, which aimed to further develop figurative art.


"Junghanns is one of the most important animal painters of the 20th century. [...]. The principle of his work lies in the precise drawing as well as in the capture of the organic in the correct relationship of tonal values to each other".

- Gudrun Wessing


Selected locations of public collections that own works by Julius Paul Junghanns:

Berlin, Hagen, Munich, Düsseldorf, Bonn, Krefeld, Chemnitz, Karlsruhe, Mannheim, Vienna, London, Madrid, Antwerp, Pittsburgh, Chicago, Boston.


Selected Bibliography

Thieme-Becker. Allgemeines Lexikon der Bildenden Künste, Band XIX, Leipzig 1926, S. 327.

Saur. Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 78, Berlin 2013, S. 512-513.

Gudrun Wessing: Julius Paul Junghanns. Skizzen und Gemälde aus dem Nachlass. Bielefeld 1995.

Zustand

- Die Last des Lebens -

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